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Herausforderungen und Perspektiven für Mütter mit Behinderungen: Interview mit Eva-Maria Fink 

09.05.2024
Symbolbild das eine Mutter im Rollstuhl mit Tochter zeigt. @Freepik
  • Behindertenrechte
  • Aktuelles

Anlässlich des bevorstehenden Muttertags sprachen wir mit Eva-Maria Fink, vom Behindertenrat Österreich, über die speziellen Herausforderungen, denen sich Mütter mit Behinderungen täglich stellen müssen. Ihre Einblicke geben nicht nur Aufschluss über die Situation in Österreich, sondern erlauben uns auch, Parallelen zu unseren Projekten in Afrika zu ziehen.

Mütter mit Behinderungen sind oft mit tief verwurzelten Vorurteilen und Missverständnissen konfrontiert, die ihre Fähigkeit und ihr Recht, Kinder zu haben und aufzuziehen, in Frage stellen.

Eva-Maria Fink

Herausforderungen und Perspektiven 

Symbolbild Mutter im Rollstuhl mit Tochter. @Freepik
Symbolbild das eine Mutter im Rollstuhl mit Tochter zeigt. @Freepik

Liebe Frau Fink, welche besonderen Herausforderungen haben Frauen mit Behinderungen im Vergleich zu Männern mit Behinderungen? 

Frauen mit Behinderungen erleben oft eine mehrfache Diskriminierung im Vergleich zu Männern mit Behinderungen. Dies resultiert aus der Überschneidung mehrerer Diskriminierungsaspekte, wie Geschlecht und Behinderung, die in patriarchalen und eurozentristischen Gesellschaftsstrukturen besonders benachteiligend wirken.

Diese Überschneidung führt zu komplexeren Abgrenzungen und häufiger zu psychischer, physischer und struktureller Gewalt gegen Frauen.   

Welchen Vorurteilen begegnen Mütter mit Behinderungen oft? 

Mütter mit Behinderungen sind oft mit tief verwurzelten Vorurteilen und Missverständnissen konfrontiert, die ihre Fähigkeit und ihr Recht, Kinder zu haben und aufzuziehen, in Frage stellen.

Ein zentrales Vorurteil ist, dass sie als nicht sexuelle Wesen betrachtet werden, und daher wird ihre Mutterschaft oft nicht als mögliche Realität angesehen. Dies führt zu einem Mangel an Unterstützung sowohl im privaten als auch im professionellen Umfeld, der sich besonders in medizinischen Einrichtungen zeigt, wo ihnen die nötige Fürsorge oft vorenthalten wird.

Ein weiteres Vorurteil ist die Annahme, dass Mütter mit Behinderungen ihren Kindern nicht die notwendige Fürsorge bieten können. Dies wird oft von Behörden geteilt, die fälschlicherweise glauben, dass eine Behinderung automatisch eine Unfähigkeit zur Elternschaft bedeutet. Diese Annahme kann zu ungerechtfertigten Maßnahmen wie dem Entzug von Kindern führen, was für die betroffenen Frauen eine enorme emotionale Belastung darstellt.

Zusätzlich gibt es das Vorurteil, dass die Entscheidung einer Frau mit Behinderungen, Mutter zu werden, egoistisch sei, besonders wenn die Möglichkeit besteht, dass die Behinderung vererbt wird. Solche Ansichten implizieren, dass das Leben mit einer Behinderung weniger wertvoll sei. Auf der anderen Seite wird ihnen auch unterstellt, sie hätten Kinder nur, um eine spätere Versorgung sicherzustellen. Dies entwertet die echten emotionalen und familiären Bindungen, die zwischen Müttern und ihren Kindern bestehen, und reduziert Frauen auf ihre Behinderung.

Die Realität ist, dass viele Frauen mit Behinderungen hervorragende Mütter sind und mit den richtigen Unterstützungsstrukturen ihre Kinder genauso fürsorglich erziehen können wie Mütter ohne Behinderungen.

Diese Vorurteile zu überwinden, erfordert eine grundlegende Änderung in der Wahrnehmung und Behandlung von Müttern mit Behinderungen in der Gesellschaft. Es ist wichtig, dass Bildungs- und Aufklärungsarbeit geleistet wird, um die Rechte und Fähigkeiten aller Mütter unabhängig von Behinderungen zu fördern und zu schützen.

Welche gesellschaftliche Änderung oder Unterstützung für Mütter mit Behinderungen würden Sie sich wünschen? 

Ich wünsche mir, dass die Gesellschaft Frauen mit Behinderungen als vollwertige Mütter akzeptiert, die fähig sind, ihre Kinder liebevoll und kompetent großzuziehen.

Es bedarf einer Infrastruktur, die es ihnen ermöglicht, ihre Mutterrolle ohne Benachteiligung auszufüllen. Dazu gehört der Zugang zu barrierefreien Kindergärten und Schulen, sowie zu unterstützenden Diensten, die speziell auf die Bedürfnisse von Familien mit Behinderungen zugeschnitten sind. 

Gemeinsam stark: Unser Engagement für Mütter in Sub-Sahara Ländern  

Ähnlich wie Eva-Marias Erfahrungen zeigen auch unsere Projekte in Sub-Sahara Ländern, dass Mütter mit Behinderungen vor erheblichen Herausforderungen stehen. Oft fehlt es an grundlegenden medizinischen und sozialen Unterstützungen. In Ländern wie Äthiopien setzen wir uns dafür ein, den Zugang zu Gesundheitsdiensten zu verbessern und spezielle Unterstützungsprogramme für Mütter mit Behinderungen bereitzustellen. 

Cathérine ist blind und hat ein Baby.  Sie hat im Rahmen eines Projekts von Licht für die Welt das Weben gelernt (Körbe,etc.).
Cathérine ist blind und hat ein Baby. Sie hat im Rahmen eines Projekts von Licht für die Welt das Weben gelernt und kann so ihre Familie unterstützen.

In unseren Projekten arbeiten wir daran, Barrieren abzubauen und die gleichen Möglichkeiten für alle Mütter zu schaffen, unabhängig von einer Behinderung. Die Geschichten und Herausforderungen, die Eva-Maria teilt, sind ein Reminder, dass unsere Arbeit wichtig ist und dass wir weiterhin daran arbeiten müssen, Inklusion und Gerechtigkeit für Mütter mit Behinderungen weltweit zu fördern. 

Gleiche Chancen für alle Mütter: Unsere Vision für inklusive Unterstützung 

Sowohl in Österreich als auch in unseren Projektländern in Afrika ist es entscheidend, dass diese Frauen die Anerkennung und Unterstützung erhalten, die sie benötigen, um ihre Rolle als Mütter erfolgreich und selbstbestimmt auszufüllen.

Ihr Engagement und Ihre Spende helfen uns, dieses Ziel zu erreichen. Besuchen Sie unsere Website, um zu erfahren wie Sie helfen können. Mehr Informationen finden Sie hier.

Hien Derpo ist Teilnehmerin unseres SPARK Projektes und Reisproduzentin in Burkina Faso. Trotz ihrer körperlichen Einschränkungen und ohne Prothese meistert sie den Alltag mit unglaublicher Stärke.