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1. Mai: Arbeit ist keine Mildtätigkeit

29.04.2022
Nabaasa Evelyn, a Law graduate from Makerere University and left leg amputee, was placed in the Legal Department at Uganda Breweries Limited
  • Inklusion im Beruf
  • Behindertenrechte
  • Stories

Menschen mit Behinderungen müssen oft um ihr Recht auf Arbeit kämpfen. Licht für die Welt unterstützt Unternehmen in Entwicklungsländern dabei, inklusiv zu werden, zum Vorteil aller Beteiligten. Eine Brauerei in Uganda zeigt, wie es geht.

Vivian Elizabeth Najjengo ist kleinwüchsig und arbeitet in der Marketingabteilung von UBL

Vivian Elizabeth Najjengo ist kleinwüchsig und arbeitet in der Marketingabteilung von UBL

„Alle haben hier die gleichen Chancen. Es liegt an jeder einzelnen Person selbst sich weiterzuentwickeln und Leistungen zu erbringen“

Vivian Elizabeth Najjengo ist kleinwüchsig und eine von zehn Praktikant*innen mit Behinderungen, die bei dem ugandischen Unternehmen Uganda Breweries Limited (UBL) an ihrer beruflichen Zukunft arbeiten. Der Weg dorthin war für die studierte Wirtschaftsstatistikerin nicht leicht. Viele Barrieren, vor allem in den Köpfen, versperren Menschen wie Najjengo, selbst mit höherer Ausbildung, den Zugang zu bezahlter Arbeit. Über eine Karrieremesse von Licht für die Welt im Dezember 2021 kommt sie zu dem Praktikum, ebenso ihr Kollege Stuart Cyprian Higenyi aus der Lagerlogistik-Abteilung. Er erzählt von seinem Werdegang: „Seit meinem Studienabschluss als Industriechemiker 2020 war ich auf Jobsuche. Ich habe keinen Job bekommen wegen meiner Gehörlosigkeit“.

Stuart Cyprian Higenyi ist gehörlos und Praktikant bei UBL in der Lagerlogistik
Stuart Cyprian Higenyi ist gehörlos und Praktikant bei UBL in der Lagerlogistik

Ungenütztes Potential

Mehr Unternehmen erkennen mit guten Gründen das Potential: Menschen mit Behinderungen machen gut 15% der Weltbevölkerung aus. Das sind 785 Millionen potentiell ungenützte Chancen, für die Menschen selbst sowie für Arbeitgeber*innen. Auch die Wirtschaft eines ganzen Landes profitiert, wenn alle, die arbeiten wollen, auch tatsächlich die Möglichkeit dazu bekommen. Die ugandische Brauerei UBL ist hier eine der Vorreiterinnen und bekennt sich offen zu Inklusion und Diversität. Unterstützt wird die Brauerei und viele andere Firmen in Uganda dabei von dem Licht für die Welt-Projekt „Make 12.4% work“. 12.4% entspricht dem Anteil an Menschen mit Behinderungen in der ugandischen Bevölkerung.

Rampen und Dolmetscher*innen?

Ein inklusiver Arbeitsplatz ist nicht mit einer Rampe für Rollstuhlfahrer*innen getan. Es beginnt bei der Bereitschaft, sich überhaupt mit Behinderung zu befassen und auf die konkreten Anforderungen von Menschen mit Behinderungen einzugehen. Im Rahmen des Projektes werden Unternehmen in Inklusion geschult, Jobsuchende mit Behinderungen vermittelt, Gebärdensprach-Dolmetscher*innen für Bewerbungsgespräche zur Verfügung gestellt. Das Feld ist individuell und divers, wie die Arbeitnehmer*innen selbst. Und wer kann das besser vermitteln, als Menschen, die selbst mit einer Behinderung leben? Licht für die Welt bildet in Uganda (sowie in Kenia und seit 2022 auch in Äthiopien und Burkina Faso) junge, beruflich erfolgreiche Menschen mit Behinderungen zu sogenannten Disability Inclusion Facilitators (Inklusionsberater*innen) aus. Diese stehen mit ihrem Wissen und ihrer persönlichen Erfahrung Firmen und Unternehmen zur Seite, coachen Arbeitnehmer*innen mit Behinderungen und begleiten den ganzen Prozess. Und das mit Erfolg.

„Wir sehen hier Menschen, die hochmotiviert sind, die Chancen zu ergreifen, die ihnen geboten werden. UBL schaff gezielt eine Umgebung, in der alle sie selbst sein können und optimale Arbeit leisten,“ so Rosemary Nakuya, Sprecherin der Personalabteilung, über die Praktikant*innen.

Und auch das Thema Rampe hat UBL auch vorbildhaft gelöst. „Sehr markant sind die klaren Wegweiser für alternative Wege, falls man aufgrund einer körperlichen Behinderung nicht Stiegensteigen kann“, berichtet Evelyn Nabaasa, Juristin mit Behinderung, „UBL lebt die Idee, Angestellte mit Behinderungen gleichberechtigt einzubeziehen“.

myAbilitiy im deutschsprachigen Raum

Was Licht für die Welt in afrikanischen Partnerländern macht, dafür setzt sich das Social Business myAbility in Österreich, Deutschland und der Schweiz ein. Das myAbility Talent® Programm ist das erste barrierefreie Karriereprogramm für Studierende & Akademiker*innen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen im deutschsprachigen Raum. Mit dem Programm werden vielversprechende Talente gefördert und mit namhaften Unternehmen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz vernetzt, die eine Behinderung als positiven Aspekt des Profils schätzen.

Die myAbility Talents profitieren von umfassenden (Einzel-) Karriere-Coachings, Networking- und Jobshadowing-Möglichkeiten und werden dabei unterstützt, sich selbstbewusst und offen mit ihren Behinderungen oder chronischen Erkrankungen am Arbeitsmarkt zu positionieren. Für die Unternehmen eröffnet sich die Chance hochqualifizierte und vielfältige Mitarbeiter*innen zu gewinnen und sich als offene*r Arbeitergeber*in zu positionieren.

Seit 2016 haben mehr als 300 Student*innen mit Behinderungen oder chronischen Krankheiten sowie 35 Unternehmen in Österreich und Deutschland am Karriereprogramm teilgenommen.

„Das Talent Programm fungiert hier als Game Changer, denn der Fokus wird auf Stärken sowie Möglichkeiten gelegt und damit Barrieren relativiert. Meine Behinderung wurde so zur Eintrittskarte in einen erfolgreichen Karrierestart und ich konnte Netzwerke in Top-Unternehmen aufbauen.“ Christina Holmes ist Talent Alumni.

5 Christina Holmes ist Talent Alumni von MyAbilities
Christina Holmes ist Talent Alumni von MyAbilities

Und wie sieht es bei Licht für die Welt selbst aus?

Wir leben Inklusion in der Organisation. Bei Bewerbungen sprechen wir gezielt Menschen mit Behinderungen an. Das Programm in Uganda wird von Ambrose Murangira geleitet, der selbst gehörlos ist. Mit automatisch generieten Untertiteln bei Videokonferenzen und einem Gebärdensprachendolmetscher sind auch internationale Meetings kein Problem. Unsere Direktorin für Inklusive Bildung, Nafisa Baboo, lebt mit einer starken Sehbehinderung und bringt neben ihrer fachlichen Expertise auch persönliche Erfahrung und neue Lösungsansätze ein.

Inklusive Arbeitsplätze sind keine Mildtätigkeit. Sie sind ein Menschenrecht und zentrales Mittel, um Menschen mit Behinderungen zu ermöglichen, ihr volles Potential zu entfalten. Und davon profitieren Individuum und Gesellschaft gleichermaßen.